Der Vermieter darf nicht ohne triftigen, sachbezogenen Grund dem Mieter die Nutzung einer Solaranlage auf dem Balkon versagen, wenn diese baurechtlich zulässig, optisch nicht störend, leicht rückbaubar und fachmännisch ohne Verschlechterung der Mietsache installiert ist sowie keine erhöhte Brandgefahr oder sonstige Gefahr von der Anlage ausgeht.
AG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2021; 37 C 2283/20
Sachverhalt
Die beklagten Mieter planten seit Beginn des Jahres 2020 die Installation einer Solaranlage auf ihrem Balkon und baten ihre Vermieterin mehrfach um Zustimmung zu ihrem Vorhaben. Die Vermieterin versagte die Erlaubnis, ohne die die Mieter nach den Bestimmungen des Mietvertrags die Anlage nicht errichten durften. Dennoch installierte einer der Mieter als gelernte Elektrofachkraft daraufhin die Solaranlage auf dem Balkon. Ferner meldeten sich die Mieter beim Netzbetreiber an, speisten den Strom in das Stromnetz ein und sicherten etwaige Risiken durch eine private Haftpflichtversicherung ab. Eine Auskunft bei der Stadt Stuttgart ergab ferner die Genehmigungsfreiheit der Anlage. Die Vermieterin klagte daraufhin auf Beseitigung der Solaranlage und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes. Die beklagten Mieter bestritten indes die mangelhafte Installation und eine Gefahr durch die Anlage.
Entscheidungsgründe
Das Amtsgericht Stuttgart weist die Klage auf Entfernung der Solaranlage ab. Zwar stünde der Klägerin grundsätzlich ein Anspruch auf Beseitigung der gegen ihren Willen angebrachten Anlage zu. Schließlich stellen die Errichtung und der Betrieb der Anlage ohne Zustimmung eine vertragswidrige Nutzung dar. Insoweit handele es sich hierbei um eine bauliche Veränderung mit Substanzeingriff in das Eigentum der Klägerin.
Jedoch könne sich die Klägerin nicht auf die Vertragswidrigkeit der Nutzung berufen. Den Beklagten stehe vielmehr ein Anspruch auf Genehmigung der Installation der Solaranlage zu. Auch wenn bauliche Veränderungen an der Wohnung im Ermessen der Klägerin stehen, so habe sie ihr Ermessen nicht missbräuchlich auszuüben. Die Anlage sei fachgerecht installiert worden; nachteilige Folgewirkungen seien durch die bauliche Maßnahme nicht zu erwarten. Ferner sei die Anlage auch unter dem Aspekt der Energiewende und des Umweltschutzes objektiv vorteilhaft. Die Klage sei daher unbegründet.
Fazit
Das Amtsgericht schließt sich in seiner Entscheidung der BGH-Rechtsprechung zu der Errichtung von Parabolantennen an. Ferner berücksichtigt das Gericht die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung des Klimaschutzes.
Eine Solaranlage sei bei einer ordnungsgemäßen und fachgerechten Installation nicht anders zu beurteilen, als ein gewöhnliches elektrisches Haushaltsgerät, so das Gericht. Sollte die Installation nicht mangelfrei von Fachkräften hergestellt werden, haben Vermieter weiterhin einen Beseitigungsanspruch.
Rechtsanwältin Ricarda Breiholdt
Fachanwältin für Miet-/WEG-Recht
Immobilienmediatorin (DIA)
Breiholdt Voscherau Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
www.breiholdt-voscherau.de