3. April 2020
Recht & Gesetz, Top-Thema
Wohnraummietrecht
Reißt der Mieter eine Tapete ab, ohne anschließend eine Neutapezierung vorzunehmen, stellt dies eine Pflichtverletzung dar, die den Vermieter zum Schadensersatz berechtigt. Ihm steht jedoch dann kein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB zu, wenn die abgerissene Tapete sehr alt und verschlissen war. Die Darlegungs- und Beweislast zum Zustand und Alter der Tapete trägt der Vermieter.






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Wohnraummietrecht

Rechtsanwältin Ricarda Breiholdt

Reißt der Mieter eine Tapete ab, ohne anschließend eine Neutapezierung vorzunehmen, stellt dies eine Pflichtverletzung dar, die den Vermieter zum Schadensersatz berechtigt. Ihm steht jedoch dann kein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB zu, wenn die abgerissene Tapete sehr alt und verschlissen war. Die Darlegungs- und Beweislast zum Zustand und Alter der Tapete trägt der Vermieter.
BGH, Urteil vom 21.08.2019; VIII ZR 263/17

Sachverhalt:

Der Mieter einer unrenovierten Doppelhaushälfte nahm an dem Objekt Renovierungsarbeiten vor. So riss er etwa die alte Tapete ab. Nachdem er jedoch erfahren hatte, dass die Vermieterin den Verkauf der Doppelhaushälfte plante, stellte der Mieter die Renovierungsarbeiten ein. Insbesondere tapezierte er die Wände nicht neu. Das Mietverhältnis wurde schließlich kurz darauf beendet. Die Vermieterin klagte anschließend auf Schadensersatz unter anderem wegen der abgerissenen Tapete. Der Mieter hielt die Klage für unbegründet. Er gab an, dass die Tapete 30 Jahre alt gewesen sei und sich bereits teilweise abgelöst habe. Sie sei völlig verschlissen und damit wertlos gewesen.

Entscheidung:

Während das Amtsgericht die Schadensersatzklage abwies, gab ihr das Landgericht Oldenburg statt. Durch das Abreißen der Tapete, ohne die damit begonnene Renovierung der Wände abzuschließen, habe sich der Mieter nach Ansicht des Landgerichts schadensersatzpflichtig gemacht. Der Vermieterin sei ein Schaden in Höhe von 80 % der Kosten entstanden, die für eine Neutapezierung erforderlich wären. Der Mieter habe in die Entscheidungsfreiheit der Vermieterin eingegriffen und ihr die Weitervermietung unmöglich gemacht. Der Bundesgerichtshof hob die Entscheidung des Landgerichts wieder auf. Es sei zwar richtig, dass in der Entfernung der Tapete, ohne anschließende Neutapezierung, eine Pflichtverletzung des Mieters liege. Ein Schadensersatzanspruch könne für diesen Fall aber nicht ohne Feststellungen zum Zustand und Alter der Tapete bejaht werden. Allein der Eingriff in die Entscheidungsfreiheit der Vermieterin oder die angebliche Unmöglichkeit der Weitervermietung rechtfertige es nicht, den Wert einer völlig verschlissenen Dekoration mit fast dem Neuwert anzusetzen.

Der BGH wies den Fall zur Neuverhandlung an das Landgericht zurück, damit dieses Feststellungen zum Zustand und Alter der Tapete machen kann. Dabei gab er zu Bedenken, dass die Vermieterin die Darlegungs- und Beweislast zum Zustand und Alter der Tapete trage.

Fazit:

Die Entscheidung zeigt die klassischen Fragen bezüglich des Schadensersatzanspruchs des Vermieters bei Auszug des Mieters auf. Bei Beschädigungen muss der Vermieter keine Frist zur Beseitigung setzen (anders als bei vertraglichen Schadensersatzansprüchen wie den Schönheitsreparaturen). Es ist jedoch für die Höhe des Anspruchs stets auf den Zustand und das Alter der beschädigten Sache zu achten. Ein Eingriff in die Entscheidungsfreiheit des Vermieters allein begründet noch keinen Anspruch, wenn die beschädigte Sache aufgrund ihres Alters und Zustands wirtschaftlich wertlos war.

Rechtsanwältin Ricarda Breiholdt, Fachanwältin für Miet-/WEG-Recht, Immobilien-Mediatorin (DIA)

Breiholdt Voscherau Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
www.breiholdt-voscherau.de

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