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Kommentar von Axel-H. Wittlinger, Vorsitzender des IVD Nord, zum Hamburger Mietenspiegel
Axel-H. Wittlinger, Vorsitzender
Immobilienverband Deutschland
IVD Region Nord e. V.
Hamburg ist eine attraktive und wachsende Metropole mit rund 1,8 Millionen Einwohnern. Leben, Arbeiten und Wohnen kann man in sieben Bezirken, die sich in 104 Stadtteile gliedern. Die Hansestadt hat rund 938.000 Wohnungen, davon rund 700.000 Mietwohnungen. Die Nachfrage nach Wohnraum findet sich entsprechend nicht nur in den Kaufpreisen, sondern auch in den Mietpreisen wieder.
Da ist es gut, ein verlässliches und den wissenschaftlichen Ansprüchen genügendes Instrument zur Verfügung zu haben: Der Hamburger Mietspiegel. Er gibt Auskunft über die am 1. April 2017 üblicherweise gezahlten Mieten für verschiedene Wohnungstypen vergleichbarer Art, Größe, Beschaffenheit, Ausstattung und Lage, die sogenannte „ortsübliche Vergleichsmiete“ der letzten vier Jahre. D.h. erfasst werden die Wohnungen, deren Mieten sich in den letzten vier Jahren verändert haben. Derartige qualifizierte Mietspiegel im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches schreiben zwar keine Mietpreise vor, dienen aber offiziell als Orientierungshilfe zur Bestimmung der Miethöhe.
Damit soll der Mietenspiegel Transparenz bieten und sorgt im Idealfall für Rechtssicherheit sowie Rechtsfrieden und gilt deshalb als „Streitbeilegungs-Instrument“. Ist das wirklich so? Der Hamburger Mietenspiegel kennt nur zwei Wohnlagen – „Normal“ und „gut“. Ist die normale Wohnlage in Randgebieten wie Neugraben vergleichbar mit der City-Lage Eppendorf? Von bestimmten Mietergruppen werden Wohnungen in Eimsbüttel höher bewertet als in Finkenwerder. Und diese Unterschiedlichkeit wird abgebildet in nur zwei Wohnlageneinstufungen?
Das neue Hamburger Wohnlagenverzeichnis versucht diesem Spagat zu leisten: Obwohl nur zwei Wohnlagen ausgewiesen werden, fließen höchst komplex neun offizielle Indikatoren (Statusindex, Bodenrichtwert, Grünflächen, Einwohnerdichte, Art der Straße, Entfernung U-/S-Bahn oder AKN, Lärmbelästigung, Entfernung zum Metrobus und zum Einzelhandel) in die Berechnung der Wohnlagen ein. Ausgewiesen wird ein Wohnlagenkennwert. Der Wohnlagenkennwert hat einen Grenzwert von minus 0,575. Entfernt sich der Wohnlagenkennwert nach oben (positiv), umso besser ist die Lage zu beurteilen, wird der Negativwert größer, ist die Lage geringwertiger einzuschätzen. Damit ist Mietern und Vermietern ein qualifiziertes Instrument zur Beurteilung der Wohnlage gegeben. Das Gleiche gilt natürlich auch für Investoren, die damit die Einstufung der Lagequalität besser einschätzen können. Diese Wohnwerteinstufungen sind oft blockweise – also von Straßenkreuzung zu Straßenkreuzung – gebildet und können im selben Straßenzug oder auch auf der anderen Straßenseite unterschiedlich sein. Wer mehr wissen will, findet das Wohnlagenverzeichnis auf der Homepage der Stadt Hamburg unter www.hamburg.de/wohnlagenverzeichnis. Alles Weitere zum Hamburger Mietenspiegel (Online-Rechner, Interaktive Karte, Mietenspiegel-Broschüre und -Tabelle) findet sich hier: www.hamburg.de/mietenspiegel
Klingt alles recht kompliziert, ist es auch. Doch die Lagebestimmung ist noch nicht am Ende. Zu berücksichtigen ist ebenfalls, dass fast jede Wohnlage Vor- und Nachteile aufweist, die gegeneinander abgewogen werden müssen. Neben den in der rechnerischen Wohnlageneinstufung bereits erfassten Merkmalen folgen zur Einordnung weitere Kriterien für die Lagebeurteilung. Zum Beispiel hat die Lage des Wohnquartiers innerhalb des Stadtgebietes (Zentralität), d. h. die Gebiete mit guter Erreichbarkeit zur Innenstadt, Bewertungsvorteile. Ebenso gilt die Erreichbarkeit und Auswahl u.a. kultureller und gastronomischer Angebote, auch verbunden mit einer Mischung von Wohnen, Kultur, Handel und eingestreutem Gewerbe (Urbanität) als vorteilhaft.
Das bedeutet in der Praxis, der Gemüsehändler im Erdgeschoss und das Restaurant gegenüber müssen nicht etwas Negatives sein, sondern die Urbanität der Straße gibt gerade das gewisse Etwas, was den Lagewert positiv beeinflusst. Während das Wohnlagenverzeichnis eine rechnerische Bewertung darstellt, eröffnet die konkrete Situation im Quartier, in der Straße, vor dem Haus individuelle Bewertungsmöglichkeiten, die Lage der Wohnung besser oder abstufender einzuschätzen. Diese Bewertung gibt also für beide Parteien Spielraum für Begründungen, die ortsübliche Vergleichsmiete innerhalb der Spanne des jeweiligen Mietenspiegelrasterfeldes zu finden, sofern vom sogenannten Mittelwert abgewichen wird.
Fazit: Ein flüchtiger Blick in die Mietenspiegeltabelle reicht eben nicht aus. Weiter hängt die Höhe der Miete von den Merkmalen Art, Größe, Ausstattung und Beschaffenheit ab, die detailliert und umfangreich in den Erläuterungen dargelegt werden.
Konsequenz: Man muss sich schon mit dem „Instrument“ Mietenspiegel intensiv beschäftigen, um ihn korrekt anzuwenden – oder greift besser gleich auf den Rat eines IVD-Experten zurück.
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