16. Januar 2021
Recht & Gesetz
Gewerberaummietrecht: Schließung einer Ladenfläche wegen Covid-19
Die staatlich verordnete Schließung der Verkaufsstätte wegen COVID-19 ist weder ein Mietmangel noch Teil der Unmöglichkeit. Solange der Mieter das Risiko trägt, mit dem Objekt Gewinne erzielen zu können, führen befristete Schließungen nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage.






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Gewerberaummietrecht: Schließung einer Ladenfläche wegen Covid-19

Rechtsanwältin Ricarda Breiholdt, Fachanwältin für Miet-/WEG-Recht

Die staatlich verordnete Schließung der Verkaufsstätte wegen COVID-19 ist weder ein Mietmangel noch Teil der Unmöglichkeit. Solange der Mieter das Risiko trägt, mit dem Objekt Gewinne erzielen zu können, führen befristete Schließungen nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage. LG Frankfurt a.M., Urteil vom 02.10.2020; 2-15 O 23/20

Sachverhalt

Die Klägerin vermietete an die Beklagte eine Ladenfläche zum Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art in der Frankfurter Innenstadt. Die Beklagte betreibt darüber hinaus in Deutschland und anderen europäischen Ländern mehrere Tausend solcher Märkte. Im Zuge der Corona-Pandemie beschloss das Land Hessen zwischen dem 18.03. und dem 20.04.2020 die Schließung aller Einzelhandelsgeschäfte. Die Beklagte verzeichnete einen Umsatzrückgang um 54 % und im April einen solchen um 41 % im Vergleich zum Vorjahr. Aufgrund der entstandenen Liquiditätslücke bezahlte sie die Miete für April nicht und erklärte hilfsweise die Aufrechnung mit einem Rückforderungsanspruch in Höhe der bezahlten Miete für den Monat März, ebenfalls gestützt auf einen Minderungsanspruch aufgrund der staatlich verordneten Schließung. Die Klägerin klagt im Urkundenprozess auf Zahlung der Miete für April.

Entscheidung

Das Landgericht gibt der Klage der Vermieterin statt und verneint einen Mangel der Mietsache. Ein Mangel an der Mietsache sei nur dann gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache von dem vertraglich vereinbarten Zustand abweiche. Der Vermieter trage nur die Verpflichtung, dem Mieter die Mietsache in einem Zustand zu erhalten, der die vertraglich vorgesehene Nutzung ermögliche. Zwar könnten auch privat- oder öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und Beschränkungen einen Mangel darstellen; dies setze aber voraus, dass diese unmittelbar mit der Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der konkreten Mietsache im Zusammenhang stünden und nicht in die persönlichen oder betrieblichen Umstände des Mieters fielen. Der Kläger habe der Beklagten die Mietsache in einem gebrauchstauglichen Zustand bereitgestellt. Dass diese die Mietsache trotzdem nicht wie geplant nutzen konnte, lag gerade nicht an der Sache selbst, sondern durch die behördliche Schließung wurde nur der geschäftliche Erfolg der Beklagten beeinträchtigt. Dieses Risiko der Gewinnerzielung falle alleine in ihr Verwendungsrisiko. Aus denselben Gründen wurde auch ein Wegfall des Zahlungsanspruches wegen Unmöglichkeit der Gebrauchsgewährung verneint.

Auch eine Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB wird von dem Gericht abgelehnt. Das Festhalten an dem Vertrag sei der Beklagten weder unzumutbar, noch stünde fest, dass die Parteien den Vertrag mit einem anderen Inhalt abgeschlossen hätten, wenn sie von der behördlichen Schließung gewusst hätten. Auch hier greife das Argument der vertraglichen Risikoverteilung, wonach die Beklagte das Verwendungsrisiko zu tragen habe. Ein kurzfristiger Liquiditätsengpass (ca. 1 Monat) stünde zudem auch keiner schwerwiegenden existenziellen Bedrohung gleich, die ggfls. als extremer Ausnahmefall ein anderes Ergebnis rechtfertigen könne. Die Beklagte führte zur Überbrückung Kurzarbeit ein. Seit der Wiedereröffnung hatte sie den Verkauf weitestgehend normal fortführen können. Die Umsatzschwankungen stellten sich für das Gericht mithin nur als ein vorübergehendes, gewöhnliches betriebsbedingtes Risiko dar, welches die Beklagte zu tragen habe.

Fazit:

Das Urteil des LG Frankfurt am Main stellt die zeitlich aktuellste Entscheidung zum Thema der Corona bedingten Mietkürzungen dar. Zuvor hatten bereits das Landgericht Heidelberg (Urteil vom 30. Juli 2020, Az. 5 O 66/20) und das Landgericht Berlin (Beschluss vom 11.08.2020 – 67 S 140/20) entsprechende Entscheidungen getroffen. Die Gerichte entscheiden hier alle auf der Grundlage der bestehenden gesetzlichen Regelungen, ohne diese durch ergebnisorientierte Ausnahmebegründungen aufzuweichen. An der allgemeinen vertraglichen Risikoverteilung im Mietrecht wird festgehalten.

Rechtsanwältin Ricarda Breiholdt (Bild)
Fachanwältin für Miet- /WEG-Recht
Breiholdt Voscherau Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
www.breiholdt-voscherau.de

Rechtsanwältin Ricarda Breiholdt
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Breiholdt Voscherau Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
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